Sonntag, 24. Februar 2013

Karl-Heinz Thifessen: "Die Konvertitin"

[Bücher-ABC 2013] „Die Konvertitin“ ist eine von Karl-Heinz Thifessen geschriebene Novelle vor historisch belegtem Hintergrund, welche vor knapp zwei Wochen als kostenloses ebook in Amazons Kindle-Shop angeboten wurde: da habe ich doch gerne zugeschlagen, da ich „Tatsachenberichte in Geschichtenform“ eigentlich ganz gerne mag (in diesem Genre übrigens absolut unübertroffen: Charles Lewinskys „Gerron“).

„Die Konvertitin“ spielt nun bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts und erzählt von einer rheinländischen Liebe zwischen den Konfessionen.

"Die Konvertitin"

Die verwaiste, alleinstehende Catharina lebt und arbeitet mit ihren 29 Jahren bei ihrer Tante als Flachsspinnerin, während in einer Weberei in unmittelbarer Nähe der 10 Jahre jüngere Matthias schafft. Die Beiden verlieben sich und gehen eine Beziehung miteinander ein, doch Catharina ist katholisch, während Matthias zur reformierten Gemeinde gehört, was innerhalb der kirchlichen Gemeinden mitunter bereits für reichlich Getuschel und Zwist sorgt.  Als Catharina schwanger wird, ist es unabdingbar (und ohnehin wollen es Catharina und Matthias auch), dass die Beiden noch vor der Geburt des Kindes heiraten – aber das setzt voraus, dass einer der Beiden zum Glauben des Anderen konvertieren muss.

Catharina entschliesst sich recht spontan zum Glaubenswechsel, was besonders den katholischen Pfarrer sehr entsetzt: um Catharina „den Kopf wieder gradezurücken“, lässt er sie entführen, damit sie wieder zur Vernunft käme.
Mit einigen Mitstreitern macht sich Matthias daraufhin daran, die Befreiung seiner Braut in Angriff zu nehmen…

"Die Konvertitin": Latti hat`s gelesen

„Die Konvertitin“ ist ein recht kurzes ebook; in Printform würden nur ca. 80 Buchseiten auf den Leser warten. Somit ist die Handlung natürlich sehr komprimiert und konzentriert sich hauptsächlich um alles rund um die Entführung, was mich persönlich doch ein wenig enttäuscht hat, denn ich hatte angesichts von Thema und Kurzbeschreibung doch etwas anderes erwartet: dass hier in erster Linie der „Glaubenskrieg“ beleuchtet werden würde. Aber wenn man davon absieht, dass es eben der katholische Pfarrer ist, der die Entführung Catharinas veranlasst, bleibt der Religionskonflikt doch reichlich hintergründig.

Schade fand ich zudem, dass „Die Konvertitin“ erst zu einem Zeitpunkt einsetzte, als Catharina und Matthias längst miteinander liiert waren: ich hätte zu gerne doch etwas über den Weg zur Beziehung erfahren. Immerhin gibt es da nicht nur den Religions-, sondern auch den Altersunterschied und ich überlege, ob die Beiden sich vor ihrer Beziehung nicht auch darüber Gedanken gemacht haben, ob sie sich überhaupt auf diese Beziehung einlassen sollen und hat man sie vielleicht sogar voreinander gewarnt, nach dem Motto: „Was willst du denn mit der alten katholischen Jungfer?“ oder „Das kleine Jüngelchen ist dir doch gar nicht gewachsen.“? Haben andere Gemeindemitglieder in ihren jeweiligen Gemeinden versucht, sie auszuschliessen? Ich fand es doch sehr enttäuschend, dass der sicherlich steinige Weg bis zu ihrer Beziehung gar nicht weiter erwähnt wurde… noch enttäuschender fand ich dann, als Catharina lapidar feststelle, dass sie konvertieren wolle: auch hier wurde nicht erzählt, wie und warum sie zu diesem Entschluss gekommen sei. Es war eher so als hätte sie gesagt, dass ihr das blaue besser als das grüne Kleid gefiele.
Also dafür, dass „Die Konvertitin“ das problematische Verhältnis von katholischen und evangelischen Gläubigen zueinander thematisieren sollte, schienen die meisten Personen hier doch ein sehr gleichgültiges Verhältnis zur Religion zu haben.

„Die Konvertitin“ lies sich nun eher wie ein literarisch aufgearbeitetes Protokoll der damaligen Zeit: das war zwar interessant, aber nicht allzu aufregend. Die Geschichte blieb mir dann doch zu sehr an der Oberfläche, den Figuren fehlte es an Persönlichkeit und alles in Allem blieb „Die Konvertitin“ dann doch recht blass. Man lernte weder Catharina noch Matthias richtig kennen.

Wirkliche Spannung kann zudem nicht aufkommen, weil man dies Büchlein (wie gesagt: ca. 80 Printseiten entsprechend) in sage und schreibe 28 Kapitel eingeteilt und diese entsprechend betitelt hat. Beim Lesen stiess ich also zunächst auf das Inhaltsverzeichnis; Kapitel 28 heisst „Vermählung und Geburt“ und verrät somit eigentlich bereits, wie die gesamte Geschichte ausgeht, dass ich letztlich nur noch dachte: „Vielleicht stirbt sie ja bei der Geburt und dann war eh alles für die Katz…“ Für mich war das einzig wirklich Spannende an der Handlung letztlich tatsächlich, wie diese Anfang des 18. Jahrhunderts stattfindende Geburt verlaufen würde.

Wie erwähnt: interessant war die Geschichte allemal, aber das Potential wurde absolut nicht ausgeschöpft. Karl-Heinz Thifessen ist offensichtlich ein sehr nüchterner und kein leidenschaftlicher Erzähler, was grade im belletristischen Bereich nicht besonders vorteilhaft ist: der Erzählstil klingt dann doch zu sehr nach Sachbuch als dass die Geschichte besonders fesseln könnte.

Insgesamt stehe ich Thifessens „Konvertitin“ sehr zwiegespalten gegenüber: ich hatte mir doch mehr Feuer versprochen und eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Konflikt zwischen den Konfessionen. Wer aber die nüchternere Beobachterposition von aussen vorzieht, dem könnte „Die Konvertitin“ durchaus gefallen und sprachlich und technisch (okay: die Einteilung der Geschichte in 28 Kapitel bleibt für mich einfach übertrieben) gibt es an diesem ebook auch absolut nichts auszusetzen.

Letztlich entscheide ich mich darum für

5 von 10 Rauschmitteln. 


Buch-Info

„Die Konvertitin“, Karl-Heinz Thifessen / edition Oberkassel Verlag / Kindle Edition / derzeit offenbar lediglich als ebook via Amazon beziehbar / 3,20€ (Preis vom 24.02.2013)

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